Wie eine junge Jordanierin am Rhein ein neues Zuhause fand

Herzerwärmende Hochschulgemeinde

Dana Ammari studiert als arabische Christin in Deutschland. Dass sie sich mittlerweile recht heimisch fühlt, hat vor allem mit der katholischen Uni-Gemeinde Düsseldorf zu tun, denn die hat sie mit offenen Armen aufgenommen.

Autor/in:
Hilde Regeniter
 (DR)

Der Klang von Kirchenglocken erfreut Dana Ammari jeden Tag. Aber als die junge Jordanierin im vergangenen Herbst ganz frisch in Düsseldorf angekommen zum ersten Mal das lautstarke Geläut eines Gotteshauses vernahm, war sie zutiefst bewegt. "Ich dachte erst, da kommt ein Zug", erzählt die 24-Jährige. "Dann habe ich verstanden und fand es herzerwärmend." Denn Dana ist als Christin zu Hause in Jordanien Angehörige einer kleinen Minderheit und schlicht nicht daran gewöhnt, dass Kirchenlocken laut zur Messe läuten. In ihrer Heimat Amman bestimmen muslimische Muezzin-Rufe den Alltag. 

Als klar war, dass Dana – ausgestattet mit einem Stipendium der Frauenförderung in arabischen Ländern – ihren Masterstudiengang an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität fortsetzen würde, war das für die junge Frau eine ziemlich aufregende Sache: Zum ersten Mal von zu Hause weggehen, zum ersten Mal in einem christlichen Land leben. Ihre Eltern hatten eingewilligt, weil sie auch den Töchtern eine gute Ausbildung ermöglichen wollen. Andere in der Großfamilie waren skeptisch und warnten vor unfreundlichen Menschen. 

Zum Glück hat Dana Ammari das von Anfang an anders erlebt. Die Leute in Deutschland seien ihr fast immer deutlich offener begegnet, als sie gedacht hätte, erzählt sie heute. Ganz schön einsam war sie in den ersten Wochen aber trotzdem. Kein Wunder, schließlich hatte sie zu Hause in Amman nicht nur mit Eltern und Geschwistern zusammengelebt, sondern war auch ständig von Neffen und Kusinen, Großmüttern und Onkeln umgeben.

In Düsseldorf saß sie jetzt alleine in einem kleinen Wohnheim-Zimmer. Sie habe es zwar genossen, sich als Frau zu jeder Tageszeit frei in der Stadt bewegen zu können. "Aber immer alles alleine zu machen, hat mir gar nicht gefallen." Hinzukam, dass Dana in Jordanien jeden Sonntag mit ihrer katholischen Mutter den Gottesdienst besucht hatte und ihr das in Düsseldorf doch sehr fehlte.

Mit offenen Armen aufgenommen

Nach einem Monat schließlich wandte sie sich an ihren Studienleiter, der wiederum Stefan Wißkirchen ansprach, den Pfarrer der katholischen Hochschulgemeinde vor Ort: "Hier ist eine, die sucht ein paar Christen, am liebsten Katholiken." 

So nahm Dana zum ersten Mal am Mittwochsgottesdienst in den Räumen der Hochschulgemeinde auf dem Campus teil und folgte auch der anschließenden Einladung ins Café. Dieser Tag teile ihre Zeit in Deutschland in ein "davor" und ein "danach", sagt Dana heute. "Sie waren alle so herzlich, sie haben mich mit offenen Armen aufgenommen."

Father Stefan – so nennt Dana den Hochschulseelsorger – habe ihr alles erklärt, sie über die Gottesdienste und Veranstaltungen der Gemeinde informiert und ihr gesagt, dass sie ihn jederzeit mit jeder Art von Problem ansprechen könne. "Ich habe einfach gespürt, wie ernst er das meint," sagt die Studentin, die längst aktives Mitglied der katholischen Gemeinde an der Düsseldorfer Uni ist. Der Glaube, so ihre Erfahrung, verbindet über alle Grenzen hinweg, auch sprachliche und kulturelle. So habe sie sich mit den Leuten hier sofort etwas zu sagen gehabt. "Das ist ganz anders als bei Menschen, die du im Restaurant oder im Museum kennenlernst."  

 (DR)

Auch Pfarrer Wißkirchen erinnert sich gern an Danas erstes Mal in der Hochschulgemeinde. Sie bereichere die Gemeinschaft mit ihrem offenen, freudigen Wesen, aber auch indem sie Brücken in eine andere Welt schlage. Manche hier hätten etwa erst durch Danas Erzählungen verstanden, dass es nicht selbstverständlich ist, den eigenen Gauben frei und offen leben zu können. "Ganz ohne Angst. Und das ist doch fantastisch, schließlich sagt uns auch Jesus 'Habt keine Angst!'"

Tatsächlich berichtet Dana Ammari auch davon, dass Christen in Jordanien im Vergleich zu anderen arabischen Ländern relativ gut und sicher leben können, dafür sorge König Abdullah. Sie dürfen Kirchen bauen und Messen besuchen. Trotzdem, und auch das gehöre zur Wirklichkeit dazu, fühlten sie sich oft als Bürger zweiter Klasse und seien als Mitglieder einer kleinen Minderheit eben immer automatisch "irgendwie anders".

Herzerwärmend

Dass viele junge Leute in Deutschland mit dem Glauben so gar nichts mehr anfangen können, findet Dana traurig, genauso wie die oft dürftig besuchten Gottesdienste. "Andererseits haben die, die trotzdem da sind, sich auch ganz bewusst dazu entschieden", meint die Jordanierin. In ihrem Heimatland sei es für Muslime genauso wie für Christen selbstverständlich, sich religiös zu geben, in die Moschee oder in die Kirche zu gehen, alleine schon, um nicht schlecht angesehen zu sein. Dort sei der Glaube stark von Traditionen und Konventionen geprägt. "Wenn mir aber hier eine Kommilitonin sagt 'Dana, ich bete für dich', ist das doch herzerwärmend", sagt sie.

Eigentlich sagt Dana "heartwarming", denn sie spricht kein Deutsch. Und eben diese englische Übersetzung für "herzerwärmend" geht ihr immer wieder über die Lippen, wenn sie auf Father Stefan und die Leute der Hochschulgemeinde zu sprechen kommt. Längst spielt sie mit dem Gedanken, noch länger in Düsseldorf zu bleiben – oder wieder hierher zurückzukehren, je nachdem. Dann würde sie auch endlich richtig Deutsch lernen, verspricht Dana. Alleine schon, um Father Stefans Predigten im Original zu verstehen.

Quelle:
DR